Surfactant- das neue Präparat zur Förderung der Wundheilung?

Wundheilungsstörungen der Haut sind durch persistierende Entzündungen, durch chronische, nicht heilende Geschwüre oder übermäßige Narbenbildung mit einer anhaltenden Entzündungsreaktion gekennzeichnet. Die chirurgische Entfernung erkrankten Gewebes, gefolgt von einem plastisch-rekonstruktiven Wundverschluss oder einer Langzeitbehandlung mit verschiedenen Wundauflagen stellt derzeit die Standardtherapie dar.

Die sozialen Auswirkungen einer aberranten Wundheilung äußern sich neben hohen Gesundheitskosten und wirtschaftlichen Konsequenzen am Arbeitsmarkt besonders in einer stark verminderten Lebensqualität seitens der Patienten.

Der einsetzende inflammatorische Prozess bei der Wundheilung stellt einen entscheidenden Schritt für einen adäquaten Wundverschluss dar. Die im Surfactant erhaltenden Phospholipide und Surfactantproteine regulieren die Aktivität der Alveolarmakrophagen in der Lunge und reduzieren dadurch Entzündungsreaktionen. Frau Prof. Dr. Dr. Ursula Mirastschijski, Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie an der Uniklinik Bremen, untersuchte anhand dieses Ansatzes, ob das kommerziell erhältliche bovine Surfactant Alveofact® topisch, die Wundheilung und Narbenbildung positiv beeinflussen kann.

In den verschiedenen von Professor Mirastschijski durchgeführten in-vitro- und in-vivo-Versuchsmodellen konnte gezeigt werden, dass topisch angewendetes Lungensurfactant Alveofact® auf die Wundheilung einen positiven Einfluss hat.  Bestätigt wurden diese Ergebnisse (https://www.nature.com/articles/s41598-020-59394-5) durch eine randomisierte klinische Phase-I-Studie am Menschen: Durch die migrationsfördernde und antiinflammatorische Wirkung des Lungensurfactants Alveofact® konnten lokale Entzündungen reduziert und die Wundheilung beschleunigt werden. Die mit Alveofact® behandelten Wunden re-epithelialisierten schneller als die Wunden der Kontrollgruppe.

Dass die natürlichen Bestandteile des Lungensurfactants die Wundheilung in der Lunge bei Lungenerkrankungen beschleunigen und fördern können, indem sie die alveoläre Oberflächenspannung herabsetzen und die Entzündungsreaktion beeinflussen, war unlängst bekannt. Aber, dass sich die antiinflammatorsiche und antibakterielle Wirkung von Lungensurfactant auch auf den Wundverschluss der Haut beim Menschen in in-vivo Versuchen zeigt, ist eine neue, bisher unveröffentlichte Beobachtung.

Eine weitere bemerkenswerte Erkenntnis der im Nature Magazin veröffentlichen Studie ist, dass trotz des Fehlens von entzündungshemmenden hydrophilen Surfactantproteinen SP-A und SP-D, das biologische Lungensurfactant Alveofact® die Entzündungsreaktion in Ephitelzellen der Haut herunterregulieren kann. Die entzündungshemmenden Eigenschaften von Lungensurfactant auf Lungenepithelien lassen sich folglich auf die Ephitelzellen der Haut übertragen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die topische Anwendung von Lungensurfactant Alveofact® eine entzündungshemmende, migrationsfördernde und antifibrotische Wirkung auf die Wundheilung der menschlichen Haut haben kann. Durch die Behandlung der Hautwunden mit dem Lungensurfactant Alveofact® konnte der Wundverschluss signifikant beschleunigt und die lokale Entzündung abgeschwächt werden. Gleichzeitig erwies sich die Anwendung des Lungensurfactant Alveofact® auf der menschlichen Haut als sicher und verträglich und birgt infolgedessen keine Sicherheitsbedenken in der klinischen Anwendung. Die topische Anwendung von Lungensurfactant Alveofact® stellt eine vielversprechende innovative medikamentöse Behandlungsmethode für die normale und aberrante Wundheilung der menschlichen Haut zur Vorbeugung übermäßiger Hautnarben dar. Ob diese vielversprechende Behandlungsstrategie auch in die dermatologischen und chirurgischen Abteilungen in der Wundtherapie standardmäßig Einzug finden wird, werden weitere zukünftige Entwicklungen und Studien zeigen.