Lungensurfactant: Ein potenzieller Kandidat zur Beeinflussung von Entzündungsreaktionen

Alveoli in Lungs Tissue Slice, Cross section

Gerade in Zeiten einer weltweiten Pandemie zeigt sich die Bedeutung eines gesunden und gut funktionierenden Immunsystems am deutlichsten. Krankheitserregende Mikroorganismen finden ihren Weg in unseren Körper häufig über die Lunge, was eine initiale, entsprechend entwickelte Immunantwort erforderlich macht. Da neutrophile Granulozyten als erste Immunzellen den Ort der Infektion erreichen, spielen sie eine wichtige Rolle bei der Verteidigung der Lunge gegen eindringende Krankheitserreger. Ein besonderer Abwehrmechanismus dieser Zellen ist die Bildung von neutrophilen extrazellulären Netzen (NETs), die zu einem Einschluss der Infektionserreger führen.

Es ist bekannt, dass Lungensurfactant immunregulatorische und entzündungshemmende Eigenschaften besitzt, die vorwiegend von den Surfactantproteinen SP-A und SP-D bewirkt werden.

Die hydrophoben Surfactantproteine SP-B und SP-C spielen eine entscheidende Rolle bei der Verringerung der Oberflächenspannung. Im Handel erhältliche Surfactantpräparate enthalten weder SP-A noch SP-D aufgrund von Herstellungsprozessen. Neuere Studien haben jedoch gezeigt, dass sowohl Phospholipide als auch die hydrophoben Proteine SP-B und SP-C ebenfalls entzündungshemmend und antibakteriell wirken. Diese Wirkung wurde in einer Studie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durch den Kinderarzt und klinischen Wissenschaftler Dr. Julian Trah und seiner Forschungsgruppe nachgewiesen und damit bestätigt: Untersucht wurden die immunregulatorischen Wirkungen von zwei gängigen, klinisch eingesetzten Surfactant Produkten (Alveofact®, Curosurf®) auf die Bildung von NET in neutrophilen Granulozyten.

Es zeigte sich, dass beide Surfactantpräparate eine zeit- und dosisabhängige hemmende Wirkung auf die NET-Bildung ausüben, wobei die hemmende Wirkung von Alveofact® auf die Netose stärker war.

Der Verfasser vermutet, dass dies auf die unterschiedliche Zusammensetzung zurückzuführen sein könnte. Curosurf® wird aus zerhackten Schweinelungen hergestellt, während Alveofact® aus Rinderlungenlavage gewonnen wird, die aufgrund des Herstellungsprozesses in geringerem Ausmaß mit Plasma- und Geweberesten verunreinigt ist. Eine alternative Erklärung für die unterschiedlichen Ergebnisse laut Dr. Trah könnte der höhere Anteil von SP-B und SP-C in Alveofact® sein, der zuvor in einer Vergleichsstudie dokumentiert wurde.

Die Ergebnisse dieser Studie sind jedoch von großer Bedeutung, da der beschriebene dosisabhängige Einfluss auf die NET-Bildung unter Ex vivo-Bedingungen auf eine Wechselwirkung zwischen exogenem Surfactant-Zusatz und neutrophilen Granulozyten schließen lässt. Da einige chronisch entzündliche Lungenerkrankungen mit der Entwicklung von NETs einhergehen, bietet diese Studie neue Perspektiven, wie Lungensurfactant ein potentieller Kandidat zur Linderung von Entzündungen sein könnte. Die NET-Bildung könnte einen Ansatzpunkt für neue potenzielle Medikamente darstellen, wofür jedoch weitere Untersuchungen erforderlich sind. Alveofact® könnte in Zukunft möglicherweise eine präventive Behandlungsoption gegen die NET-Bildung darstellen.

Weitere Informationen zur Studie finden Sie hier.

Dr. Dr. Romina Weinhold
Head of Medical Affairs
Lyomark Pharma GmbH